Reimut Reiche (SDS)

Obwohl Reiche aktives Mitglieder des SDS ist, fällt er nach meinen Recherchen nicht als Aktionist auf. Offenbar hält er sich eher im Hintergrund agitierend auf.

„Ich arbeitete in Frankfurt an einer Doktorarbeit über Psychiatrie, die ich aufgrund der wissenschaftlich unerfreulichen Umstände dem Doktorvater vor die Füße warf. Im Rahmen dieser Arbeit bin ich auf den Sozialpsychiater Hans Bürger-Prinz gestoßen, der mich wissenschaftlich interessierte. Ich ging also nach Hamburg, promovierte dann aber nicht bei Bürger-Prinz, der schon zu alt war, sondern bei dem gerade als Dozent zugelassenen Psychiater Hans Giese. So landete ich in der Sexualforschung
n Hamburg. […].
Günter Amendt, Martin Dannecker und Reimut Reiche kamen zu uns ans Institut, um von den Fronten draußen zu berichten. Reiche war Bundesvorsitzender des SDS und hatte das Buch ‚Sexualität und Klassenkampf‘ geschrieben. Amendt, der Autor von Sexfront, führte die Revolte der Schüler an, und Martin Dannecker war der geistige Kopf der zweiten deutschen Homosexuellenbewegung, die sich Schwulenbewegung nannte. Ich selbst bin, obwohl ich der Entwicklung damals eher distanziert gegenüberstand, beruflich eine Frucht dieser Revolte, denn ohne sie wäre ich nie so jung Medizinprofessor geworden, schon gar nicht in diesem Fach. Als ich in Frankfurt das Institut für Sexualwissenschaft aufbaute, zog ich Reiche und Dannecker nach, so dass die Revolte dort auch personell vertreten war.“

Früchte der Revolte, Volkmar Sigusch über die Sexfront der 68er, Sexualstraftäter und die Geschichte der Sexualwissenschaft; Interview vom 17.07.2008, in „Der Freitag“.