KD Wolff, SDS

Karl Dietrich Wolff, häufig KD Wolff genannt, Amtsrichtersohn (geboren am 27. Februar 1943 in Marburg/Lahn), SDS-Vorsitzender, wahnhafter Revolutionär, Agitator, gewaltbereiter Aktivist, gescheiterter Klassenkämpfer, Antikapitalist, Feind des Establishments – Später: Teil des Establishments, Verleger, eifriger Interviewaktiv ist als phantasierender Zeitzeuge Träger des Bundesverdienstkreuzes.

KD Wolff ist Bruder von Frank Wolff und Reinhart Wolff, die ebenfalls im SDS tonangebend sind.

KD Wolff, seine Familie und die ersten Semester seines Studiums

Die drei Sponti-Brüder werden im Verlauf der Studentenbewegung die „roten Wölffe“ genannt. Sie sind Söhne eines Amtsrichters, über den die Oberhessische Presse (OP) in ihrer Ausgabe vom 21. April 2018 anlässlich eines Interviews mit KD Wolff wie folgt berichtet:

Für Wolffs Revolte gegen die Generation der Väter im Nachkriegsdeutschland gab es aber auch eine innerfamiliäre Vorgeschichte. Der in Marburg geborene KD Wolff war einer von vier Kindern eines Amtsrichters, der vor 1945 am Gericht in Battenberg und wegen seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus nach dem Krieg bis 1949 Berufsverbot hatte, ehe er wieder am Amtsgericht in Biedenkopf arbeitete. Die Familie zog in den heutigen Biedenköpfer Stadtteil Wallau. K.D. Wolff legte später an der Lahntalschule in Biedenkopf sein Abitur ab.

Schon als Heranwachsender habe er sich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten beschäftigt und beispielsweise Berichte über die Nürnberger Prozesse in der Zeitung gelesen. In diesem Zusammenhang sei es auch zu Auseinandersetzungen mit dem Vater gekommen. „Wir haben gestritten, aber er hat dazu geschwiegen“, erzählt Wolff. Die für viele Freunde auf den ersten Blick nicht nachvollziehbare Aufnahme des Jurastudiums durch den jungen Rebellen sei vielleicht auch ein Ausdruck von Schuldgefühlen wegen seiner Vorwürfe gegen den Vater gewesen, nachdem dieser wenige Jahre später bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei, erzählte Wolff im Gespräch mit der OP. Zu einer Aussprache sei es deswegen leider nicht mehr gekommen.“

Oberhessische Presse (OP); Ausgabe vom 21. April 2018

Ähnlich problematisch ist die Beziehung der Wolff-Söhne zur Mutter. In einem Interview mit dem Magazin „Forschung Frankfurt“, das Ulrike Jaspers mit ihm führt, berichtet KD Wolff:

68: Täterkinder und Rebellen. Familienroman einer Revolte
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Nach dem Besuch des Gymnasiums in Biedenkopf und einer High School in den USA absolviert KD Wolff für zwei Jahre seinen Bundeswehrdienst und beginnt im Alter von 21 Jahren zunächst ein Jurastudium in Marburg/Lahn. In dem zitierten Interview erläutert KD Wolff, warum er sein Marburger Studium abbricht und an die Freiburger Universität wechselt:

Die Leute waren zu sehr von Wolfgang Abendroth dominiert“, erläutert Wolff im Gespräch mit der OP. Der Professor für Politikwissenschaften habe zu sehr die Richtung vorgegeben, der Ende der 60er-Jahre auch ein Großteil der im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) organisierten Marburger Studierendenschaft gefolgt sei. „Das waren Dogmatiker“, meint Wolff. „Statt einer Demo gegen den Krieg in ­Vietnam wollten sie lieber einen Kurs über Lohnarbeit und Kapital machen“, erinnert er sich. „Die internen Diskussionen mit ihm waren nicht besonders kreativ“, sagt Wolff über Abendroth. Wolff ging dann zum Studium an die Universität nach Freiburg, wo sein Bruder Frank schon am Konservatorium in der Cello-Meisterklasse studierte.“

Oberhessische Presse (OP), Ausgabe vom 21. April 2018

Ab dem WS 1966/67 setzt KD Wolff sein Jurastudium an der Johann Wolfgang Goethe-Universität fort. Von 1967 bis 1968 ist er Erster Vorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Anlässlich der Gründung des Märzverlags zusammen mit Jörg Schröder bricht er sein Studium Ende 1969 ab und konzentriert sich hier auf seine Tätigkeit als politischer Verlagslektor. 1970 scheidet KD Wolff aus dem Märzverlag aus und gründet nun den eigenen Verlag „Roter Stern„. Unter Wikipedia wird dieser folgendermaßen beschrieben:

„In den Anfangsjahren umfasste die Mitarbeiterschaft auch einige Mitglieder der linksradikalen Szene Frankfurts, die Mitte der 1970er Jahre als Terroristen der Revolutionären Zellen international bekannt wurden, darunter Wilfried BöseJohannes WeinrichMagdalena Kopp und Brigitte Kuhlmann. Der Verlag galt Ermittlern der Sicherheitsbehörden als „Kristallisationspunkt und Nachwuchsschmiede des Terrorismus.“

Siehe Wikipedia zum Stichwort Stroemfeld Verlag
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Die Rolle KD Wolffs im Verlauf der Frankfurter Unruhen

Die Osterunruhen 1968

Anlässlich der „Springeraktionen“ Ostern 1968 warnen KD Wolff und Frank Wolff hysterisch vor den Herrschenden, die angeblich in faschistischer Manier als kollektive Führer wie am Ende der Weimarer Republik in täglicher Brutalität den Parlamentarismus zerstören und gegen die Studenten eine Pogromstimmung provozieren. Jedenfalls müsse an der demonstrativen Verbindung von Aktion und Diskussion festgehalten werden. Dann folgt großspurig die Feststellung, die Forderung nach einer demokratischen Öffentlichkeit könne nur revolutionär umgesetzt werden. Lapidar stellen sie schließlich die These auf, dass der Faschismus sich heute im Zentrum der parlamentarischen Institutionen selber entwickle. Schließlich richten sie eine Art Wolffsche Begriffswelt ein, indem sie autoritär feststellen, der vorherrschende Begriff der Gewalt sei primitiv und fetischisiert und müsse permanent durchbrochen werden. Wahrscheinlich versteckt sich dahinter die absurde Idee, staatliche Gewalt sei in der gegebenen Situation faschistisch, die revolutionäre „Gegengewalt“ der Aktionisten sei gut, progressiv und demokratisch.

I. Die Springer-Blockaden haben die politische Polarisierung produziert, die wir schon vorher für diesen Sommer erwartet hatten. Die Ungleichzeitigkeit der westdeutschen im Verhältnis zur Berliner Entwicklung hat sich dabei gleichermaßen bestätigt und verändert. Daß der Mordanschlag jetzt in Berlin geschah, ist eher akzidentell, als es die organisierte Polizeischlacht am 2. Juni und der Tod Ohnesorgs waren. Damals war der Schah-Besuch zwar schon im nationalen Maßstab als Notstandsmanöver angelegt, hatte jedoch nur in Berlin den politischen Charakter, daß die radikale Opposition physisch zerschlagen werden sollte. Unsere Analyse des neuen autoritären Staates orientierte sich mit Recht an diesem fortgeschrittenen Stadium der Reaktion. Das Machtkartell von Senat, Springer-Presse, Unternehmerverbänden und Gewerkschaften entspricht der Tendenz, die ebenso in Westdeutschland sich durchsetzt. Die Massen werden nicht wie am Ende der Weimarer Republik in der faschistischen Bewegung gegen den Parlamentarismus geführt, sondern von diesem selbst in eigene Regie genommen. Die Herrschenden imitieren sich bis in die einzelnen Sprachfiguren; sie sind die neuen kollektiven Führer. Jedoch sind sie trotz ihrer täglichen Brutalität eine bloße Karikatur. Die klägliche Konter-Demonstration am 21. Februar belegt den Widerspruch, die Massen gleichzeitig passiv halten zu müssen und sie gegen den inneren Feind mobilisieren zu wollen. – Während in Berlin derweil die Unterstützung durch Nichtstudenten zunahm, und die Kooperation mit ihnen, wurde in Westdeutschland die offizielle Propaganda gegen die oppositionelle Minderheit gewissermaßen nachgeholt. Hier wie dort wurde sie nach dem Muster organisiert, den politischen Protest als kriminell und asozial, nicht der Gemeinschaft der Anständigen zugehörig, zu qualifizieren. Die latente Gewalt war damit zur Pogromstimmung artikuliert worden. Jetzt, nachdem wir gegen diese Gewalt unseren Widerstand spontan organisiert haben, haben wir sie freilich nicht gebrochen, vielmehr hat sich das institutionelle und lebendige Potential an Gewalt gefährlich gesammelt. Der verfassungswidrige Einsatz von Bundesgrenzschutz und Technischem Hilfswerk in Esslingen, die freiwillige staatsbürgerliche Mithilfe von Schäferhundevereinen geben einen Geschmack davon ebenso wie der untergründige Aufruf zur Selbstjustiz und die Erwägung der Vorbeugehaft durch den Bundesminister. – Die Konfrontation von herrschender Gewalt und unserer Opposition hat sich auf erweiterter Stufenleiter wiederholt.

Die Studentenbewegung ist damit auch in der Bundesrepublik im ambivalenten Sinn wirksam geworden. Sieht man von den Differenzen ab – daß etwa in dieser Dimension lokale und primär politische Gegner nicht stets zusammenfallen -, so zeigen sich folgenreiche Analogien zur Berliner Entwicklung. Die Konfrontation mit dem Monopol Springer hatte dort dieselben Formen angenommen wie jetzt auf der neuen Ebene: Die Staatsgewalt identifizierte sich uneingeschränkt mit dem Konzern und ebenso ein großer Teil der Konkurrenzpresse, d. h. ein Entscheidungsdruck ist entstanden, der formal-liberale Positionen liquidiert und damit die Herrschaftsverhältnisse offenlegt. Die liberale Forderung nach einer demokratischen Öffentlichkeit kann inhaltlich sich nur revolutionär umsetzen. Das Institut des Privateigentums an Produktionsmitteln ist direkt zum Teil der Machtauseinandersetzung geworden. – Diese Auseinandersetzung ist der Entwicklung bis zum vergangenen Faschismus keineswegs völlig parallel, jedoch auch nicht von ganz neuer Qualität. Die These, daß der Faschismus sich heute im Zentrum der parlamentarischen Institutionen selber entwickle, etwa durch Notstandsgesetze, trifft abstrakt auch auf die Weimarer Republik zu – vgl. Präsidialdiktatur, Hugenberg-Konzern usw.; die wesentliche Differenz kommt darin zur Erscheinung, daß mit dem Trauma des offenen Faschismus die systeminterne Radikalisierung im ‘Kampf gegen Rechts- und Linksradikalismus‘ verschleiert werden kann. Es ist ein Komplement zur ökonomischen Krisenverschleppung. Die Frage steht zur Diskussion, ob die Verschärfung von Konflikten, ökonomischen wie politischen, eine umfassende, offene Brutalisierung der Machtverhältnisse erwarten läßt oder eine Fortentwicklung des manipulativen Instrumentariums im Rahmen schleichend sich verändernder Institutionen.

II. – Daß der SDS schlecht auf die kommenden Konfrontationen vorbereitet ist, wissen wir. Zwar ist die These der Isolation sowohl in der Universität als auch außerhalb widerlegt; die inhaltliche Solidarisierung scheint haltbarer als früher zu sein. Aber vielfach ist der SDS nur die nominelle Spitze der Opposition, ein Warenzeichen, und weniger die praktisch organisierende Kraft. Noch ist es unklar, wie die Zusammenarbeit mit den jungen Angestellten und Arbeitern organisiert werden soll, die erstmals zu einer Aktionseinheit mit uns gekommen sind. Clubs zu gründen ist ein pragmatischer, improvisatorischer Weg. Richtig ist daran, daß wir jetzt nicht wie nach dem 2. Juni als moralisch engagierte Studenten in einer Mini-Narodniki-Bewegung in dem Abstraktum Bevölkerung Aufklärung betreiben können, sondern daß die Zusammenarbeit mit Betriebs- und Lehrlingsgruppen und Gewerkschaftlern organisiert werden muß. Mit welchem Ziel? Keinesfalls, um kritiklos Koalitionen zu bilden. Der Gefahr, daß sich die radikale Opposition integriert, ist nur mit inhaltlich konsequenten Bündnissen zu entgehen; sie allein geben uns auch die Möglichkeit neuer praktischer Erfahrungen. –

Der SDS hat seine Grenze als Studentenverband mit den letzten Aktionen überschritten. So wenig sie die Einleitung des Bürgerkriegs bedeuten, so sehr haben sie doch die SDS-Gruppen überfordert, die sich häufig unfähig gezeigt haben, die Demonstration praktisch zu organisieren. Der organisierten Staatsgewalt gegenüber haben nicht nur unerfahrene Demonstranten, sondern auch manche Genossen sich völlig irrational und unpolitisch verhalten. Mit der Wut der Verzweiflung sind sie in die Konfrontation gegangen, sie folgten weniger einer revolutionären Strategie als einer der psychisch – durch Angst – vermittelten Gewalt. Haben wir aber den Schwindel der bloß sprachlichen Kommunikation als eine Ideologie der Herrschenden Gewalt durchschaut, müssen wir um so klarer unsere Strategie der Abschaffung von Gewalt formulieren. Sie ist durch bloße Konfession zur Gewalt nicht zu ersetzen. Vielmehr müssen wir den primitiven und fetischisierten Begriff von Gewalt, wie er vorherrscht, permanent durchbrechen. Oskar Negt hat in seiner Rede über ‘Politik und Gewalt’ Wesentliches dazu gesagt; gerade weil als Terror, Krawall und Gewalt prinzipiell alles verstanden wird, was dem Normalen, der alltäglichen Normenerwartung zuwiderläuft, dürfen wir dieses Begriff nicht stur erfüllen und ihn nur privat negativ interpretieren.

Die Parole, sich gegen die Polizeigewalt zu bewaffnen, z. B. am Ostermontag auf Flugblättern auszugeben und damit die direkte Aggressivität zu stärken, statt sie zu politisieren, war falsch. Nichts hätte man schlechter durchstehen können als eine direkte Kraftprobe mit der in groteskem Verhältnis militärisch überlegenen Polizei. Ebenso hilflos erscheinen auch manche Reaktionen, nachdem der Tod zweier Menschen in München bekannt wurde, den niemand entschuldigen kann. Gerade wenn über den Hergang noch wenig bekannt ist, ist es schlichter Unsinn, die politische Gewaltsituation, in der wir stehen, mit der Gefahrenzone des Straßenverkehrs öffentlich und nachdrücklich gleichzusetzen. Die Klischees warteten nur auf den geringsten Auslöser. – Welche Aufgabe wir in den kommenden Aktionen haben, ist aus der veränderten Situation abzuleiten: Nicht ständig die Demonstrationen quasi existentiell zu radikalisieren, sondern sie zu organisieren und sie praktisch, auf der Straße, und politisch mobil zu machen. Das leistet kein Ordnerdienst, sondern nur die intensive und massenhafte Diskussion vor jeder Demonstration (und die interne Vorarbeit im SDS). Unmittelbar sind wir angewiesen auf die demonstrative Verbindung von Aktion und Diskussion. Würden sich alle die neuen Demonstranten nur an den Aktionen beteiligen, wäre ihre Teilnahme nur statistisch interessant. Auf den organisierten Kontakt zu ihnen ist nicht zu verzichten.

Was sich gegenwärtig in Berlin als Basisgruppen organisiert, ist eine mögliche Form, diesen Kontakt herzustellen. Er ist um so eher zu halten, je selbständiger die Gruppen der jungen Arbeiter und Lehrlinge arbeiten. Sie können verbunden werden, indem kontinuierlich arbeitende Projektgruppen im SDS die verschiedenen Erfahrungen praktisch auswerten und der ganzen Gruppe vermitteln. – Gerade mit Modellen der Zusammenarbeit ist aber wenig gelöst. Im SDS muß jetzt eine Selbstschulung einsetzen, die wir bald nicht mehr nachholen können. Unter dem permanenten Aktionsdruck ist es meistenteils zu intensiver Ausbildung nicht mehr gekommen. Theoretische Positionen und Argumente werden von einigen Prominenten monopolisiert und über die bürgerliche Presse oder Massenveranstaltungen verbreitet. Wir kommen aber in ein Stadium, in dem es mit der Selbständigkeit der einzelnen Genossen ernst wird. Die Verschärfung der Auseinandersetzung an der Hochschule und außerhalb nimmt uns den Garantieschein des Symbols SDS. Letztlich kann eine solche Selbstschulung nur mit der bewußten gemeinsamen Organisation des Alltagslebens und des Studiums gelingen. Die familiäre und faktisch autoritäre Struktur vieler Gruppen müssen wir permanent mit dem Ziel solidarischer Zusammenarbeit in Frage stellen. – Karl Dietrich Wolff/ Frank Wolff.“

Neue Kritik April 1968, Nr.47, S.3 – 6
Spiegelinterview vom 22.04.1968 mit KD Wolff und Frank Wolff
Spiegelinterview vom 22.04.1968 mit KD Wolff und Frank Wolff

DIE FÜHRER DES SDS

Spiegelinterview vom 22. April 1968 mit KD Wolff und Frank Wolff; Zitate aus den begleitenden Hinweisen der Redaktion:

Sicher ist, daß Karl Dietrich Wolff, 25, Frank Wolff, 22, und Bernd Rabehl, 30, als Mitglieder des Bundesvorstands des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) mitverantwortlich sind für die Demonstrationen, die aus dem letzten Osterfest in Westdeutschland ein langes blutiges Wochenende machten.

Spiegelinterview vom 22.04.1968

„Am Karfreitag kommandierte Wolff die „Bild“-Blockade der Frankfurter Societäts-Druckerei. Als er — so seine Darstellung — versuchte, einem Zeitungstransporter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ den Weg aus der Druckerei durch die Demonstranten zu bahnen, entdeckte ihn der Chef des 18. Kommissariats, Kriminalrat Panitz, in dem Fahrzeug und nahm ihn fest. Am Ostermontag leistete er Generalstabsarbeit bei der Demonstration in Essen.“

Spiegelinterview vom 22.04.1968

Die Blockade der Universität im Verlauf der Aktionen gegen die Notstandsgesetzgebung

In seinem skurril -dramatischen Kampf gegen „die brutale Gewalt der herrschenden Klasse„, die geplante „Zwangsarbeit“ und das „Militärzuchthaus der Arbeit“ ruft KD Wolff am 11. Mai 1968 auf der Abschlusskundgebung der Notstandsgegner in Bonn „als Teil der radikal demokratischen Opposition“ zum Widerstand gegen die „Bürgerkriegsplaner“ auf, die aus seiner revolutionären Sicht Diktaturgesetze für ihre Ziele nutzen. Hysterisierend und diffamierend warnt er vor der bevorstehenden „neuen Diktatur“, der „Militarisierung der Betriebe„, in denen angeblich private Werkschutzgruppen aufgestellt werden. In der Rückschau lächerlich wirkt es, wenn er drohend und mit Bestimmtheit den endgültigen Niedergang der deutschen Bourgeoisie ankündigt. Teil seiner aggressiven Widerstandsstrategie ist sein Aufruf, auch Hochschulen zu bestreiken.

Nur wenige Tage später nach seiner Bonner Hetzrede setzt KD Wolff mit seinen SDS-Mitstreitern die Idee einer Bestreikung der Universität um, indem sie die Studierenden daran hindern, das Hauptgebäude, in denen sich die großen Vorlesungssäle und Seminarräume befinden, zu betreten. Die Eingänge werden blockiert.

Am Donnerstag, den 16. Mai 1968, protestieren etwa 2.000 Studenten gegen die Blockade der Universität, die Teil der Aktionen gegen die Notstandsgesetzgebung ist. Kurz nach 9 Uhr reißen sie die Barrikaden aus Holzbohlen und Drahtgestellen fort und drängen die Streikposten bei Seite. Teilweise kommt es zu Schlägereien. Es gelingt ihnen die Universität zu betreten. KD Wolff als Anführer der Blockade sieht sich daraufhin gezwungen, die Blockade abzubrechen.

Anschließend findet vor dem Studentenhaus unter freiem Himmel ein Teach In statt, an denen etwa 3000 Personen teilnehmen. Schütte, der hessische Kultusminister, Rektor Rüegg und Ellwein fordern die Versammelten auf, andere Formen des Kampfes gegen die Notstandsgesetzgebung zu suchen. KD Wolff versucht zusammen mit Frank Wolff sowie Krahl eher hilflos die gewaltsame Blockade zu rechtfertigen. Man müsse sich gegen die „neuen Faschisten“ wehren:

Frankfurter Neue Presse, 17. Mai 1968
Frankfurter Neue Presse, 17. Mai 1968

Rüegg betont erneut, es sei jedem unbenommen gegen die Notstandsgesetzgebung zu protestieren, in der Hochschule zu diskutieren und sich zu informieren. Jedoch sei die von der SDS-Minderheit ausgeübte Gewalt nicht akzeptabel:

Frankfurter Neue Presse 17.Mai 1968
Frankfurter Neue Presse, 17. Mai 1968

​Der Streikbrief vom 15. Mai 1968 von KD Wolff

In einem sogenannten Streik Brief vom 17. Mai 1968 erweitert KD Wolff seine Alarmmeldungen, indem er geheimnisvoll von „autoritären Tendenzen der kapitalistischen Gesellschaft“ fantasiert und schließlich unverhüllt die Konsequenz zieht, gewalttätige Kampfmaßnahmen gegen die Polizei seien unausweichlich.

Wenn die außerparlamentarische Opposition Kampfmaßnahmen ergreift,
bei denen sie mit der Polizei in Konflikt gebracht wird, wird sie von den Herrschenden als anti-demokratisch und gewalttätig verschrien, wenn sie diszipliniert demonstriert verlacht und verzerrt man ihre Argumente in der Öffentlichkeit.
Jetzt sind nur noch ernsthafte Kampfmaßnahmen sinnvoll, die zeigen, dass wir uns nicht unter die Notstandsverfassung beugen werden.
Solche Maßnahmen wirken mobilisierend, denn die Masse kritischer
Menschen spürt sehr wohl, dass der Kampf jetzt auf einer neuen
Stufe fortgesetzt werden muss.

Schließlich träumt er davon, es sei ihm gelungen, vereint mit der Arbeiterschaft – allerdings ohne Einbindung des DGB – ein kämpferisches Bündnis gegen die Notstandsgesetze zu schmieden. wobei seltsamerweise er selbst als Student sich in einen Kollegen der Arbeiter verwandelt:

Ein stimulierendes Moment war dabei natürlich der Streik an der Universität und die Aktionen der Schulen. Die Kollegen sagten: ‚Was die Studenten können, das können wir auch.‘ Dabei haben sich die Kollegen nicht einfach mit den streikenden Studenten solidarisiert, sondern sie wollten selbst gegen die Notstandsgesetze
kämpfen.

Streik Brief

Schließlich schaut der Agitator KD Wolff – gleichsam gegen seine „Nazi-Eltern“ kämpfend – euphorisch in die revolutionäre Zukunft, um den neuen Faschismus zu besiegen:

Das Flugblatt vom 22. Mai 1968 verantwortet von KD Wolff

Unter der Ägide des SDS – damit unter der Leitung KD Wolffs – wird am Mittwoch, den 22. Mai 1968, ein Flugblatt des universitären „Streikkomitees“ verteilt, das zur Blockade der Universität durch sit-ins aufruft und im Detail Handlungsanweisungen gibt, wie die „leistungsorientierte Untertanenfabrik“ – nämlich die Universität – und deren „autoritäre Hochschulpolitik“ zu bekämpfen sind. Gegner des sogenannten Streiks werden als „unverbesserliche Fachidioten“, „Streikbrecher“, „rechtsextremistische Schlägertrupps“ und „Handlanger der administrativen Repression“ diffamiert. Da der SDS Träger der absoluten Wahrheit ist, der selbstverständlich weiß, was richtig und falsch ist, ist es nur konsequent, die Abweichler in der Manier Lenins zu zwingen, ihr „unpolitisches Verhalten“ zu reflektieren.

Flugblatt vom 22. Mai 1968

Fortsetzung der Blockade der Universität am 29. Mai 1968 unter der Führung von KD Wolff

Die Räumung des Rektorats am 30. Mai 1968 durch die Polizei

KD Wolff kämpft am 9. Juni 1699 den Botschafter Israels, Asher Ben-Natan

(siehe die Sonderseite zum Angriff auf den israelischen Botschafter: KD Wolff in der Tradition seiner Nazi-Eltern)

KD Wolff Anführer von Krawallen wie bei den Nazis

KD Wolff und der intolerante „Sozialistische Deutsche Säuglingsbund“ (SDS)

Rückblicke KD Wolffs

Rückblick KD Wolffs auf seine Jugend und die Marburger Studienzeit: „Revolte hat für mich 1964 angefangen“, Interview mit der Oberhessischen Presse vom 21. April 2018.

Eine kleine Auswahl von Interviews

Als Studenten aufbegehrten: SDS-Chef KD Wolff im Video-Interview mit der Tiroler Tageszeitung vom 24. März 2018

Wir schreiben heute das Jahr 2018. 50 Jahre sind seit 1968 vergangen. Noch heute ist genau dieses Jahr präsent wie kein anderes und stark emotional beladen – positiv wie negativ. Was sind Ihre ersten Gedanken, wenn sie an das Jahr 1968 zurückdenken?

Heute sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, die vor den 1968ern geherrscht haben, in weite Ferne gerückt. Wie würden Sie das gesellschaftliche Klima und die Bedingungen beschreiben, die zu den Protesten geführt haben?

Sie waren von 1967 bis 1968 Vorsitzender des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“, die wichtigste Studentenorganisation, die die Proteste mitgetragen hat. Was war damals Ihre Rolle?

Der Wortführer des SDS war Rudi Dutschke. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?

Am 11. April 1968 schoss ein junger Hilfsarbeiter und Rechtsextremist mehrmals auf Rudi Dutschke. Er wurde lebensgefährlich verletzt. Für das Attentat wurde auch die Presse verantwortlich gemacht, allen voran die Bild-Zeitung. Demonstranten riefen „‚Bild‘ hat mitgeschossen“. Wie viel trugen Medien, speziell die Bild, zu den Ausschreitungen bei?

Mit den 68ern sind für viele Menschen sozialromantische Mythen und Bilder verbunden – Hippies beim Feiern im Park, riesige Konzerte wie Woodstock. Die Bilder erzählen von Freiheit, Überschwänglichkeit. Wie viel haben sie mit der Realität zu tun?

Den 1968ern werden viele positive gesellschaftliche Einflüsse zugeschrieben. Beispielsweise in der Friedensbewegung. Was sehen Sie als wichtigste Verdienste der 68er-Generation an?

Kritiker machen die 1968er für einen Werteverfall in unserer Gesellschaft verantwortlich. Für einen Verfall von Moralvorstellungen etwa oder das Absinken von Standards – etwa im Bildungsbereich. Können Sie dieser Kritik etwas abgewinnen?

Ein Teil der jungen Menschen radikalisierte sich nach dem Zusammenbruch der Proteste, ging in den Untergrund und wurde zu Terroristen. Am bekanntesten wurde die „Rote Armee Fraktion“ (RAF). Haben die 68er dem linksextremen Terror den Weg bereitet?

Ein Gründungsmitglied der RAF war der Anwalt Horst Mahler. Dieser war zuvor im SDS aktiv gewesen. Später sagte sich Mahler von diesen Ideen los und wurde zum überzeugten Neo-Nazi und Holocaust-Leugner. Wie weit liegen linksextreme und rechtsextreme Ideen beieinander?

Wir haben über Ihre persönlichen Gründe für das politische Engagement gesprochen – und über Ihre Hoffnungen. Was davon hat sich verwirklicht?

Gibt es auch Ideen von damals, bei denen Sie heute froh sind, dass sie sich nicht durchgesetzt haben?

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Der SDS und die große Koalition

Widerstand gegen die große Koalition

Reaktionen auf Dutschke-Attentat

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Ernst Benda: Die Notwendigkeit der Notstandsgesetze

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