Michael Schwarze (* 21. Februar 1945 in Ravensburg; † 24. April 1984 in Bad Mergentheim) ist während seines Germanistikstudiums an der Universität Frankfurt 1968 zeitweilig Vorsitzender des Sozialdemokratischen Hochschulbunds (SHB). Ab dem Sommersemester 1969 ist Mitglied der Fachschaft Germanistik. Von Januar 1968 bis November 1968 ist er Mitherausgeber der Studentenzeitung „Diskus„.
Er promoviert 1973 mit dem Thema: „Proletarische Partei und bürgerliches Erbe: Studien zu Geschichte und Theorie des literarischen Erbes in der Volksfrontstrategie der KPD“. Von 1973 bis zu seinem frühen Tod 1984 ist er Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die Rolle von Michael Schwarze während der Frankfurter Studentenbewegung
Im November 1968 kandidiert Michael Schwarze als SHB – Mitglied für die Wahl in das Studentenparlament und wird dann auch gewählt:
Michael Schwarze als Mitherausgeber des Diskus und Autor
Michael Schwarze ist zwar von Mai 1968 bis November 1968 Mitherausgeber des Diskus. Jedoch erscheint hier nur ein einziger von ihm verfasster Kommentar zu einem Polizeieinsatz während der Osterfeiertage 1968 in der Maiausgabe des Diskus.
Die Rolle von Michael Schwarze während der Frankfurter Studentenbewegung
Am 10. Juli 1969 wird Michael Schwarze mit 123 Stimmen als Vertreter der Fachschaft Germanistik gewählt und beteiligt sich an den Aktionen innerhalb des Germanistischen Seminars, die sich vor allem gegen den Institutsleiter Prof. Helmut Iver Brackert richten.
Die Rolle von Michael Schwarze und die FAZ
Im Verlauf seiner Gedenkrede zum Tod Joachim Fests, erinnert Frank Schirrmacher an einen „Scoop“ vom Michael Schwarze:
„Er liebte Scoops, er konnte sich diebisch an ihnen freuen, er hat selbst einige legendäre auf den Weg gebracht. „Weihnachten ohne Fernsehen“ beispielsweise, jenen von Michael Schwarze verfaßten, aber von niemand als Satire durchschauten F.A.Z.-Artikel, wonach die Bundesregierung unter Helmut Schmidt beschlossen habe, zur Stärkung des Gemeinschafts- und Familiengefühls Heiligabend und Weihnachten den Sendebetrieb des Fernsehens einzustellen. Den Aufruhr, den das damals auslöste, kann man sich heute nicht mehr vorstellen; es gingen waschkörbeweise Briefe ein, die bis zu Auswanderungs-, Mord-, und Selbstmorddrohungen reichten. Fest löste Debatten aus, die weit über den Radius einer Tageszeitung hinausreichten. Und weil er völlig unfähig zum Neid war, wurde er zum Förderer einer ganzen Generation. Er hat Zeit seines Lebens mit seiner Skepsis experimentiert, auch der Redaktion gegenüber, die er dadurch recht eigentlich erst erzog. Seine Disziplin und seine Haltung waren eben nicht nur einstudierte Umgangsformen – sie hatten sich im Werk manifestiert.“
Erschienen in der FAZ vom 22. September 2006
Der Nachruf von Joachim Fest und dessen Interpretation, welche Bedeutung für Michael Schwarze
seine Zeit in der Universität Frankfurt hatte
Joachim Fest, der von 1973 bis 1984 mit Michael Schwarze in der Feuilletonredaktion der FAZ zusammengearbeitet hat, beschreibt in einem Nachruf seinen Eindruck, den er von ihm gewonnen hat, wobei er auch dessen Konfrontation mit der Frankfurter Studentenbewegung thematisiert:
„Michael Schwarze gehörte, als er in jungen Jahren, unmittelbar von der Universität, zur »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« kam, zu jenen frühen und fertigen Begabungen, wie sie in diesem Beruf selten sind. Er besaß alles, was den geborenen Journalisten ausmacht: Einfühlungsgabe, weitgespannte Neugier, Urteilsfähigkeit – und das alles verbunden und in geistige Ordnung gebracht durch einen glänzenden, wenn auch niemals prunkenden, vielmehr leicht wirkenden, die colloquialen Wendungen nicht scheuenden Stil. Er war ganz er selbst. […].
Michael Schwarze, Weihnachten ohne Fernsehen. Kulturpolitische Essays, Glossen, Porträts, Herausgegeben von Volker Hage. Mit einem Nachruf von Joachim Fest, Suhrkamp, 1984, Seite 239 ff.
In der Tat haben ihn die Jahre des Protests und die Folgerungen, die er daraus zog, zu sich selbst gebracht. Das heißt, zum Zweifel. Zu der Einsicht, daß man mit ungelösten Fragen zu leben habe. Alle Erscheinungen, alles was den Menschen zum Denken bringt, schrieb er einmal, trage einen Januskopf. Nur sähen die wenigsten ihn. Von denen, die zur Generation von 1968 gehörten, hätten die einen hurtig die Rollen gewechselt, den anderen aber sei eine Irritation fürs Leben geblieben. Es ist keine Frage, welcher Gruppe er sich selber zurechnete. Und ohne große Mühe lassen sich Übereinstimmungen entdecken zwischen den Achtundsechzigern und den sogenannten Fünfundvierzigern, also den Jahrgängen, die auf Hitlerzeit und Befreiung als auf ihr politisches Bildungserlebnis zurückblicken. Es gibt da, bei allen Unterschieden im einzelnen, manche verwandte Züge: Auch damals die Abfolge von Verneinung, Aufbruch und Enttäuschung, von zivilem Engagement und dem Rückzug ins Persönliche. Man hat für die einen, nicht ohne einige Vergröberung, den Sammelbegriff der »skeptischen Generation« geprägt, aber für die anderen, die jedenfalls mit der »Irritation fürs Leben«, gilt er auch; wiewohl man einräumen muß, daß die Älteren es leichter hatten mit diesem moralisch unsäglichen Abstoßungspunkt der Hitlerjahre im Hintergrund. In einem Menschen wie Michael Schwarze war der Zusammenhang zwischen den beiden Generationen, der den zeitweiligen Konflikt zwischen ihnen freilich nicht hinderte, unübersehbar. Es waren Verwandtschaftsverhältnisse. Ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich sage, daß er mir viel bedeutete. Michael Schwarze hat nach der Ernüchterung, die den Jahren an der Universität folgten, sein Interesse dem Fernsehen und dem Film zugewandt, nicht ganz zufällig, gewiß, auch wenn es sich aus redaktionellen Umständen so ergab. Manche Freunde von einst haben ihm das als Akt der Resignation vorgehalten, und mitunter schien er sich selber nicht ganz sicher zu sein, ob es sich so verhalte. Aber im ganzen sah er es anders, einfacher, man könnte auch sagen: »erwachsener«. »Die Träume der Kindheit müssen einmal ausgeträumt sein«, heißt es in einer der zahlreichen Reflexionen auf die Jahre von einst, mit denen er seinen Artikeln die persönliche, der eigenen Biographie abgewonnene Farbe gab. Und er fuhr fort: Niemand dürfe übersehen, daß der Studentenbewegung, jenem zunehmend in Verklärung begriffenen Modell sozialer Selbstentäußerung, immer eine gehörige Portion Narzißmus, Eigennutz und höchst subjektiver Schwierigkeiten untermischt war. Auch hier wieder verleugnete er nicht, was gewesen war und woran er teilgehabt hatte.„